Extrem energiereiches Neutrino im Mittelmeer entdeckt
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Ein internationales Forschungsteam hat mit dem Kilometer-Kubik-Neutrino-Teleskop (KM3NeT) das bisher energiereichste Neutrino auf der Erde nachgewiesen. Mit 220 PeV übertrifft es den bisherigen Rekord um das 22-Fache und liegt um Größenordnungen über den Teilchenenergien, die am Teilchenbeschleuniger LHC am CERN künstlich erzeugt werden können.
Neutrinos sind nahezu masselose, elektrisch neutrale Teilchen, die Materie ungehindert durchdringen können. Da sie von elektromagnetischen Feldern nicht abgelenkt werden und kaum mit Materie wechselwirken, besitzen sie die nützliche Eigenschaft, dass ihre geradlinige Flugbahn stets zu ihrem Entstehungsort zurückweist. So können Informationen über ihren Entstehungsort gewonnen werden. Neutrinos entstehen zum Beispiel in Schwarzen Löchern oder bei kosmischen Kollisionen.
Der Nachweis des außergewöhnlich energiereichen Neutrinos gelang mit dem Teleskop KM3NeT, das sich in 3.500 Metern Tiefe im Mittelmeer befindet. Es befindet sich noch in der Bauphase, ist aber teilweise schon in Betrieb. Es funktioniert wie folgt: Durchquert ein Neutrino das Gestein oder Wasser in der Umgebung des Detektors, können geladene Leptonen erzeugt werden. Wenn diese sich schnell genug durch das Wasser bewegen, erzeugen sie elektromagnetische Strahlung, die von KM3NeT nachgewiesen wird. Auf diese Weise können Neutrinos trotz ihrer geringen Wechselwirkung mit Materie indirekt nachgewiesen werden.
Diese Entdeckung trägt zum Verständnis der astrophysikalischen Prozesse bei, die solche extrem hochenergetischen Teilchen erzeugen. Sie ermöglicht auch einen Einblick in die Natur des Universums bei extrem hohen Energien, wie er bisher noch nicht möglich war. Die Messung stammt aus dem Februar 2023, aber erst nach zwei Jahren Analyse war die Bestätigung sicher. Dass KM3NeT schon während der Bauphase ein so ungewöhnliches Ereignis registrierte, war eine Überraschung.
Für die Simulation der Neutrinopropagation wurden PROPOSAL54 und TAUSIC55 verwendet. Diese Software wurde unter Beteiligung unseres Lehrstuhls entwickelt.